Nestbauverhalten von Bambusmilben

  • So, jetzt habe ich mir doch mal den Volltext vorgenommen ;) :


    Die 8 untersuchten Bambusmilbenarten der Gattung Stigmaeopsis unterscheiden sich unter anderem in der Art des Nestbaues und in der sozialen Organisation. Dabei treten zwei Extreme auf. Zum einem gibt es Arten, die – wie die bei uns eingescheppten Bambusmilben (Stigmaeopsis nanjingensis oder Stigmaeopsis longus) – große, aneinanderhängende Nester mit vielen Individuen bauen, welche beim Gegenangriff auf Räuber zusammenarbeiten können. Zum anderen gibt es Arten, die das Risiko eines Angriffs durch Räuber reduzieren, indem sie verstreut liegende kleine und feste Nester bauen, die nur mit größerem Aufwand aufgestöbert werden können und in welche die Räuber nur schlecht eindringen können. Die Individuen dieser Arten zeigen keinen Gegenangriff.


    Daneben gibt es auch interessante Zwischen- bzw. Sonderformen des Nestbaus, auf die ich hier jedoch nicht näher eingehen möchte.


    Interessant ist vielleicht noch, dass die Milben ihr Nest nicht mit ihren schlecht entwickelten Augen erkennen, sondern mithilfe bestimmter Borsten auf dem Rücken ertasten. Milbenarten mit größeren Borsten bauen auch größere Nester.


    Insgesamt wurden 5 Arten der Kotablage beobachtet:
    1. Ein einzelner Ablageplatz innerhalb des Nestes (Stigmaeopsis nanjingensis)
    2. Ein einzelner Ablageplatz außerhalb des Nestes (Stigmaeopsis longus)
    3. Zwei Ablageplätze außerhalb des Nestes
    4. Mehrere Ablageplätze in unmittelbarer Nähe der Nestöffnungen
    5. Weit entfernt von den Nestöffnungen wahllos verteilte Ablageplätze


    Gruß,
    Rai


    PS.: Wenn wir wissen wollen, ob wir Stigmaeopsis nanjingensis oder Stigmaeopsis longus eingeschleppt haben, müssen wir eigentlich nur nachschauen, ob der Kotablagepatz innerhalb oder außerhalb des Nestes liegt. Ich hoffe natürlich, dass wir Stigmaeopsis longus eingeschleppt haben, weil man diese durch Raubmilben oder Kontaktacarizide möglicherweise besser erwischen kann, wenn sie mal „raus müssen“ :D .

  • Danke Rai für deine unermüdliche Aufklärungsarbeit bezüglich der Insektenwelt im Allgemeinen und der Bambusmilben im Besonderen.
    Kann hier leider ( oder lieber Gott sei Dank :) ) mit keinen Infos dienen, da in meinem Garten bisher keine sind.
    Hoffe ja immer noch darauf, das die Milben unseren windigen und etwas kühleren Norden nicht so attraktiv finden.
    Nichtsdestotrotz finde ich die Ausführungen von dir immer sehr interessant und freue mich schon auf weitere Infos.

  • Danke Sven, aber der eigentliche Bambusmilbenpionier bleibt natürlich Steffen. Ich fand es besonders interessant, daß die Milben gemeinschaftliche, sehr heftige Gegenangriffe durchführen können. Leider finde ich den Beitrag von Ferdi nicht mehr, in dem er das Video von einer Bambusmilbe vorstellt, die nach Zerstörung des Nestes total hektisch hin und her rast. Das hat mich damals schon an das Verhalten von Ameisen erinnert, wenn deren Nest gestört wird. Oder - anderes Beispiel - der Angriff auf ein Bambusmilbennest scheint wie der sprichwörtliche Stich ins Wespennest zu sein.


    Rai

  • Danke Ferdi, ich hatte gehofft, daß Du das Video noch einmal verlinkst! Leider hat mich wohl meine Erinnerung betrogen, ich hatte nämlich ein Video mit hektisch hin und her rennenden Milben in Erinnerung. Weiß der Geier, wo ich das mal gesehen habe, und vielleicht waren es auch gar keine Bambusmilben.


    Aber vielleicht kannst Du mir folgendes Photo in druckbarer Auflösung für einen Artikel im Bambusjournal schicken?



    Man erkennt links ganz prima den Kotablageplatz innerhalb des Nestes. Wir haben es bei Deinen Milben also eindeutig mit Stigmaeopsis nanjingensis zu tun.


    Gruß,
    Rai

  • ei gude Rai ist doch verlinkt. ;)

    und hier der Link zu meinem Beitrage mit dem Video.

    aber hier auch noch mal der direkte Link.

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    Gruß Ferdi
    PS. wegen dem Bild schau ich noch mal nach, sollten der Redaktion aber vorliegen.

    Ich unterstütze die EBS-D, Du kannst das auch. :thumbup:


    Etwaige Rechtschreibfehler sind als Special Effekts der Tastatur anzusehen. :D8):D

  • ei gude Rai ist doch verlinkt. ;)

    Ja ich weiß, ich habe mich da wohl missverständlich ausgedrückt.


    Ich habe in der Nachbarschaft nur Nester mit Innentoilette gefunden.

    Danke für die Rückmeldung! Jetzt ist die empirische Basis bereits etwas verbreitert. Trotzdem schadet es nicht, wenn alle noch einmal die Toilette ihrer Milben suchen, um auszuschließen, daß wir es mit zwei verschiedenen Arten zu tun haben.


    Rai

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Rai, ich habe nochmal eine Reihe neuer Fotos gemacht.
    Ich finde immer einen Kotablageplatz pro Nest und zwar direkt am Ausgang (oder Eingang?). Der Platz ist immer noch gerade so drin aber quasi in der Tür.
    Die Nester sind in Reihe aber voneinander separiert und jedes hat einen eigenen Ablageplatz. Ich kann dabei nicht zwischen Primär- und Sekundärnestern unterscheiden.


    Kostprobe, zwei Nester mit einander zugewandten Ablageplätzen (eher untypisch).



    Das Gegenteil



    Milbe mit Ei (wie süß!!!)



    So sieht's makroskopischer aus.



    Übrigens alles an Phyllostachys viridiglaucescens in Heidelberg, nicht aus meinem Garten in OF.
    Ich würde Dir gerne Bilder schicken, weiss nur nicht so recht wie sind 19MB tifs im Moment, soll ich Dir erstmal einen Berg kleine jpgs schicken.


    Grüße,
    Steffen

  • Hallo Steffen,


    im Moment frage ich mich, ob mir das Thema nicht doch über den Kopf wächst.


    Nur Stigmaeopsis longus und Stigmaeopsis nanjingensis sollen ihre Folgenester als kontinuierliche Anbauten an das Primärnest bauen. Die anderen Bambusmilbenarten bauen separate Folgenester. Bei den kontinuierlichen Anbauten sollen die Milben das alte Nest öffnen und die Nesterweiterung anbauen. Der Kotablageplatz soll immer gegenüber der Nesterweiterung liegen. Wie ich jetzt von Dir erfahre, hat bei Stigmaeopsis nanjingensis jeder Anbau seinen eigenen Kotablageplatz, obwohl der Weg zum ersten Kotablageplatz eigentlich noch offen wäre. (Ich stelle mir das wie einen Folientunnel vor). Dein Befund bringt meine Vorstellung ganz schön durcheinander. Denn wie ist das jetzt bei Stigmaeopsis longus? Wenn es dort einen Kotablageplatz außerhalb des Nestes und in Gegenrichtung zur Nesterweiterung gibt, dann kann es doch aus räumlichen Gründen nur einen gemeinsamen Kotablageplatz für das Primärnest und alle Anbauten geben, oder?


    Und bei einem weiteren Punkt blicke ich noch nicht durch. Über Stigmaeopsis longus wird gesagt, dass 100 Individuen aus mindestens 2 Generationen erwachsener Tiere und Jugendstadien in großen, kontinuierlichen Nestern leben. Das klingt für mich so, als müsse man das Primärnest mit den Anbauten als ein einziges großes Nest auffassen. (Und das spielt sicherlich auch noch eine Rolle, wenn man die heftigen Gegenangriffe auf Räuber, die sogar zum Tod des Räubers führen können, erklären will.)


    Du siehst, bei so vielen Unsicherheiten wäre es zu riskant, einen Artikel für das Bambusjornal zu schreiben. Ich fürchte das wird nicht gehen, ohne ältere Arbeiten über das Nestbauverhalten und über die Gegenangriffe gegen Räuber zu studieren.


    Rai

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Rai,
    danke für Deine Einschätzung. Ich wollte mit meinen kleinen Beobachtungen wirklich keine Verwirrung stiften, vielleicht interpretiere ich die Beobachtungen auch nicht richtig.
    Allerdings kann man sowas wie 100 Individuen in einem Großnest absolut ausschließen. Man muss sich nur mal die Größenverhältnisse zwischen Nestern und Milben anschauen, das wäre ja wie 50 Leute um VW Käfer ... wie bei Wetten dass früher ;)
    Rai, ich würde mich freuen wenn Du nicht so leicht die Flinte in Korn wirfst!
    Viele Grüße, Steffen

  • Rai, ich würde mich freuen wenn Du nicht so leicht die Flinte in Korn wirfst!


    OK, dann werde ich mir mal wieder einen Bibliotheksausweis besorgen und mich als Opa unter die Studenten begeben :/ .


    Übrigens bin ich früher - ohne weiter darüber nachzudenken - davon ausgegangen, daß sich die Milben von Pflanzensaft ernähren. Aber das kann ja nicht sein, wenn sie diese Kothaufen bilden. Wenn die Milben also in irgendeiner Form etwas Festes von der Blattoberfläche aufnehmen, dann könnte man kleinere Bambuspflanzen im Topf vielleicht auch dadurch bekämpfen, daß man die Unterseiten der Blätter mit einem normalen Gartenspray einsprüht. Spätestens bei der Nesterweiterung würden die Tiere dann vergiftete Nahrung aufnehmen.


    Rai


    PS.: Ach so, kannst Du mir das letzte Photo (das von der Blattoberseite) in druckbarer Qualität schicken?

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Rai,


    ich habe zu fast allen Journals online Zugang. Wenn Du mir PubMed-ID oder DOI schickst kann ich das pdf herunterladen.
    Klar, ich schicke Dir das Foto. Außerdem schicke ich Dir auch alle Fotos (24) auf 1200 Pixel verkleinert, das ist sicher hilfreich, damit Du einen Eindruck bekommst. Wenn Du dann irgendwas in höherer Auflösung brauchst sag einfach bescheid. Ich kann jederzeit auch noch nach weiteren Details suchen...


    Viele Grüße,
    Steffen